Aktuelles » Haus Hörn: Anfangs war es ein Kampf gegen Widerstände

Pfarrer Paul Türks, katholischer Priester vom Oratorium des hl. Philipp Neri, gründete 1986 auf der Hörn in Aachen das erste Hospiz in Deutschland. Leitende Motive waren dabei: Dem Sterbenden sollten die Grundängste, allein und unter Schmerzen zu sterben, genommen werden. Jetzt feierte Haus Hörn sein 30-jähriges Bestehen.

Mit einem „ökumenischen Impuls“ erinnerten die Pfarrer Bernd Schmitz und Mario Meyer an die spirituellen Grundlagen der Hospizbewegung. Für Pfarrer Schmitz steht das Hospiz auf einem christlichen Fundament, nämlich „der Achtung vor der Würde jedes Menschen“. Mit Hilfe einer Kurzmeditation über ein Foto stimmte Pfarrer Meyer die Zuhörer ein in den Gedanken der eigenen Sterblichkeit.

Rudolf Henke, Schirmherr des Jubiläumsjahres, stellte die Hospizbewegung in den Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um das Sterben. Ein Hospiz ermögliche ein Sterben „in Würde“ jenseits der heutzutage diskutierten Sterbehilfe, sagte der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Ärzteorganisation Marburger Bund.

Ulla Schmidt, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, ehemalige Gesundheitsministerin und vielfältig in der Hospizbewegung tätig, erinnerte an die Entwicklung, die die Bewegung seit den achtziger Jahren erlebt hat. Heute gebe es 240 Hospize in Deutschland. Städteregionsrat Helmut Etschenberg verwies auf die Maßnahmen der Städteregionsverwaltung zur Hospizarbeit. Die Aachener Bürgermeisterin Margarete Schmeer sprach von Haus Hörn als dem „Mutterhaus“ der Hospizbewegung.
„Siegeszug der Hospizbewegung“

In seiner Festrede erklärte der katholische Theologe Prof. Hubertus Lutterbach von der Universität Duisburg-Essen den „Siegeszug der Hospizbewegung“. Der habe seine Ursache in der Umsetzung von drei Grundsätzen: Beachtung der Individualität der Sterbenden, einer ganzheitlichen Versorgung und der Glaubwürdigkeit der betreuenden Menschen.

Moderiert von der Hospizleiterin Inge Nadenau und dem Palliativmediziner Prof. Roman Rolke sprachen in einem anschließenden Podiumsgespräch „Zeitzeugen“ über ihre Erfahrungen beim Aufbau des Hospizes auf der Hörn und an anderen Orten.

Der Allgemeinmediziner i.R. Walter Hartmann, heute Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von Haus Hörn, erinnerte an die Widerstände, die vor dreißig Jahren von verschiedenen Seiten der Einrichtung eines Hospizes entgegengebracht wurden: Nicht zuletzt waren das „Stolpersteine aus der eigenen Kollegenschaft“. Alexander Johr, heute Fördervereinsvorsitzender, wusste zu berichten, dass der damalige Caritasverband der Meinung war, man brauche „kein Sterbehaus“.

Hans Overkämping, ehemaliger Krankenhausseelsorger aus Recklinghausen, verstand sich in den Anfängen der Hospizbewegung als Kämpfer gegen die „aktive Sterbehilfe“. Für Waldemar Radtke, langjähriger Versicherungsfachwirt von der AOK, konnte die Hospizarbeit damals an keine versicherungsrechtlichen Vorgaben anknüpfen: Es gab keine Pflegeversicherung und damit auch kein Vergütungssystem. Erst 1997 wurde es möglich, eigentliche Pflegeleistungen im Hospiz zu vergüten.

Für Clementine Louven, langjährige enge Mitarbeiterin von Pfarrer Türks, bestand in den Anfängen eine der größten Herausforderungen darin, die für eine Schmerztherapie notwendigen Medikamente zu beschaffen. Außerdem sei der allgemeine Widerstand der damaligen Gesellschaft gegen Hospize massiv gewesen. In Demonstrationen wehrten sich Eltern aus dem benachbarten Kindergarten auf der Hörn gegen die Einrichtung eines Hospizes.

In den vergangenen dreißig Jahren, da waren sich alle einig, hat sich viel geändert: Heute ist die Hospizarbeit nicht nur allgemein akzeptiert, sondern in hohem Maße wertgeschätzt. Ulla Schmidt deutete an, dass die zwei heute eingerichteten Hospize keinesfalls das Ende der Hospizentwicklung in Aachen sein müssten.

Mit Recht und auch mit einem gewissen Stolz kann Haus Hörn seine Initiative vor dreißig Jahren als Pionierarbeit verstehen. Es sei ein Ort geschaffen worden, meint Clementine Louven, der sterbenden „Menschen ein Zuhause gegeben“ habe.

 

Lothar Stresius

Quelle: Aachener Nachrichten vom 06. März 2016

Foto: Ralf Roeger

Mit freundlicher Genehmigung der Zeitungsverlag Aachen GmbH, Aachen, http://www.zeitungsverlag-aachen.de/

veröffentlicht am 7. März 2016 in den Kategorien 30 Jahre Hospiz, AN, Hospiz, Pressespiegel