„Eingeliefert“, „Patientin“ – Bernd Görgens benutzt manchmal noch diese Worte. Wie „ein schlechtes Krankenhaus“ habe er sich ein Hospiz immer vorgestellt. Nachdem seine Mutter ihre letzten fünf Lebensmonate im Haus Hörn verbracht hatte, hat sich sein Bild grundlegend verändert.
So sehr, dass es ihm – dem eingefleischten Karnevalisten – kein bisschen komisch vorkam, Leiterin Inge Nadenau vorzuschlagen, Gäste und Mitarbeiter mit einer karnevalistischen Aktion zu beschenken. Am Sonntag kommt der Vizepräsident der Horreter Jonge mit seinem Verein für eine Karnevalssitzung ins Haus Hörn.
„Anfangs wollte ich nur mit Präsidium und Prinz Ralf II. durch die Zimmer gehen. Aber die Resonanz war so positiv, dass wir das Ganze ausgebaut haben“, berichtet Görgens. Das heißt: Die Tanzgruppen der Horreter Jonge kommen, sogar Tanzmarie Lorena macht sich extra auf den Weg in die alte Heimat. Die Oecher Troubadoure haben genauso spontan einen Auftritt zugesagt wie die freien Söldner Kanoniere 13 und die Nightwiever aus Richterich.
Aber vor allem ist Görgens bei Inge Nadenau offene Türen eingerannt. „Auch wenn unsere Gäste hier für ihren letzten Lebensabschnitt einziehen, legen wir den Fokus auf das Leben. Dazu gehören Wut, Trauer und Sprachlosigkeit genauso wie Lachen und Feiern“, meint sie. „Wir – und da spreche ich für das ganze haupt- und ehrenamtliche Team – haben die Erlaubnis und die Aufgabe, offen zu sein für die Situation. Unsere Brille muss weit und nicht nur auf das Sterben fixiert sein.“ Das heißt aber auch: Wem nicht nach Feiern zumute ist, der wird nicht mit Dschingderassabumm, roten Nasen und Luftschlangen belästigt. Die Sitzung steigt im Saal des Hauses. Prinz und Hofstaat besuchen die Gäste, die selbst dort nicht anwesend sein können, sich ein wenig jecke Stimmung aber wünschen, in ihren Zimmern.
Das Thema Karneval ist im Hospiz des Hauses Hörn nicht neu: Im benachbarten Seniorenheim sind in jeder Session Karnevalsfeiern, die natürlich auch die Gäste des Hospizes besuchen können. Mancher jecke Hospizmitarbeiter kommt Fettdonnerstag nicht in regulärer Arbeitskleidung zum Dienst, die Tollitäten kennen die Adresse spätestens seit der Regentschaft von Boris I. (Bongers), der sich 2006 die Unterstützung der Hospizarbeit auf die Fahnen geschrieben hatte und für die Hospizstiftung aktiv ist.
„Boris Bongers war für uns ein echter Türöffner“, sagt Nadenau. „Uns ist wichtig, unsere Gäste am Alltag teilhaben zu lassen. Und den Gästen ist diese Teilhabe ebenso wichtig. Dazu gehört in Aachen eben auch der Karneval.“
Rauke Xenia Bornefeld
Quelle: Aachener Zeitung vom 2. Februar 2017
Foto: Andreas Schmitter
Mit freundlicher Genehmigung der Zeitungsverlag Aachen GmbH, Aachen, http://www.zeitungsverlag-aachen.de/
veröffentlicht am 2. Februar 2017 in den Kategorien AZ, Hospiz, Pressespiegel