Aktuelles » Von der Arbeit mit Menschen in der letzten Phase

Anne Storcks leitet seit gut einem Jahr das Hospiz Haus Hörn, das erste deutsche Hospiz. Sie ist neugierig auf die „spaltoffenen Türen“. Hier gibt es ein Porträt der 44-jährigen Wahl-Aachenerin.

Manchmal scheint sich der Zufall mit System zu paaren. Oder wie Anne Storcks es ausdrückt: „Man muss dann einfach durch die spaltoffenen Türen gehen.“ Sie hat dies vor gut einem Jahr getan und ist im Hospiz Haus Hörn gelandet, das sie seither leitet. Immerhin das erste Hospiz in Deutschland und damit Impulsgeber für die gesamte deutsche Hospizbewegung. Für die 44-jährige verheiratete Mutter von zwei Kindern ist dies weder Bürde noch Zwang, vielmehr eine willkommene Chance, „das gut bestellte Feld“ weiterzuentwickeln. Die gebürtige Ruhrgebietlerin ist einem Leitsatz treu geblieben, den sie durch alle „spaltoffenen Türen“ mitgenommen hat: „Ich wollte immer mit Menschen arbeiten.“ Da war es mitnichten ein Widerspruch, dass sie Mathematik als Studienfach wählte. Kombiniert mit Theologie und dem Berufswunsch, Lehrerin zu werden. In Freiburg und Dublin erwarb Anne Storcks Qualifikationen und Examina, und dann bekam sie die Möglichkeit, bei Misereor in Aachen ein Praktikum im Bereich der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit zu machen. „Ja, und dann bin ich tatsächlich hier hängen geblieben. Obwohl ich noch nie zuvor in Aachen gewesen war.“ Die Stadt gefiel ihr und sie gefällt ihr noch heute. Man bot ihr eine befristete Anstellung, in den Jahren darauf folgten weitere Stationen bei verschiedenen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit in Bonn, Brüssel und Köln.

Dann setzten die beiden Kinder neue Schwerpunkte in ihrem noch jungen Leben, ließen aber genug geistigen Freiraum, um sich in dieser Zeit in Aachen selbstständig zu machen und weitere Qualifikationen in systemischem Coaching, Moderation und Logotherapie nach Viktor Frankl zu erwerben. „Und mich begleiteten stets die Fragen: Worum geht es eigentlich? Was macht das Leben aus und was ist wesentlich“, skizziert sie heute in der Rückschau ihre geistige Weichenstellungen. Eigentlich hatte sie da schon die Kurve zum Hospizgedanken genommen.

INFO ZUR PERSON
Die sportliche und die musische Neigung
Anne Storcks ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Nach dem Abitur studierte sie Mathematik und katholische Theologie in Freiburg und Dublin, arbeitete unter anderem in Aachen bei Misereor, bei Aggiamondo – Personal und Beratung für internationale Zusammenarbeit in Köln sowie als geschäftsführende Gesellschafterin von ac.consult in Aachen.

Seit dem 1. Juli 2019 leitet sie das Hospiz Haus Hörn. Privat spielt neben der Familie ihre sportlich-musische Neigung eine wichtige Rolle. Sie spielt („Ein wichtiger Ausgleich“) Querflöte („Nur für mich“).
Die Naturliebhaberin läuft gerne, fährt gerne Fahrrad und liebt die sportlichen Herausforderungen eines Bergurlaubs.
Aachen schätzt sie als Stadt und wegen des euregionalen Charakters, des landschaftlich reizvollen Umfeldes – „wenn nur die Berge etwas näher wären“.

Und dann übernahm wieder der Zufall die Regie und die überzeugte Wahl­Aachenerin öffnete die nächste „spaltoffene Tür“. Im TV sah sie 2019 eine Sendung über Hospize, und „etwas in mir ist passiert“. Sie schaute sich um auf den Webseiten der Aachener Einrichtungen. Und siehe da: Haus Hörn suchte eine neue Leitung. Es passte, und die Enden fanden schnell zueinander. Am 1. Juli hat Anne Storcks die Leitungsfunktion von Inge Nadenau übernommen, die in den Ruhestand gegangen ist, ihrer Nachfolgerin aber noch wesentliche Erfahrungen hinterlassen konnte. „Und dafür bin ich extrem dankbar.“

Jetzt sieht sie den richtigen Zeitpunkt für diese verantwortungsvolle Aufgabe gekommen, hat über ihre Familie die nötige Standfestigkeit bekommen und beruflich ausreichend Erfahrung gesammelt. Sie bringt es auf einen prägnanten Nenner: „Ich bin da, wo ich hingehöre. Hier kann ich einen Ort mitgestalten, an dem wir Menschen – die Hospizgäste und ihre Zugehörigen – in einer sehr besonderen Lebensphase begleiten.“ Denn Anne Storcks unterstreicht den Satz, den eigentlich alle Menschen in der Hospizarbeit sagen: Hospize sind keine Einrichtungen für die Sterbe-, sondern für die letzte Lebensphase. So vieles sei hier noch möglich, denn die Gäste des Hospizes stellten einen Querschnitt der gesamten Gesellschaft mit all ihren Interessen, Sorgen und Freuden dar. Hier spiele natürlich die enge Anbindung an das Seniorenzentrum Haus Hörn eine wichtige Rolle, dessen Angebote und Veranstaltungen auch für die Hospizgäste offenstünden.

Anne Storcks lacht offensichtlich gerne. Nicht die schlechteste Eigenschaft in einem Umfeld, in dem naturgemäß auch immer wieder geweint wird. Mit ihren rund 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möchte sie nämlich den lebensbejahenden Geist des Hauses kultivieren, mit den Menschen und für die Menschen arbeiten.

Dazu gehört für die Theologin auch die Weiterentwicklung des seelsorgerischen Bereiches, den sie mit einer Ordensschwester aus der pastoralen Arbeit für die nächsten Jahre personell absichern möchte. Die Seelsorge gehört für Anne Storcks entscheidend zur Hospizidee, so könne man noch stärker auf die Ängste und Bedürfnisse der Menschen eingehen. Gerade in deren ganz besonderer letzter Lebensphase. Auch das ist für sie die Verwirklichung einer Variante von „mit Menschen arbeiten“.

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Bildunterschrift: Privat die Familie, Sport und Musik – beruflich die Arbeit mit Menschen im Hospiz Haus Hörn: Anne Storcks hat in ihrem Leben eine Mischung gefunden, in der sie sich wiederfindet.

Text: Hans-Peter Leisten
Foto: Andreas Schmitter / Schmitter Fotografie

Quelle: Aachener Zeitung vom 17. September 2020

Mit freundlicher Genehmigung der Zeitungsverlag Aachen GmbH, Aachen, http://www.zeitungsverlag-aachen.de/

veröffentlicht am 16. September 2020 in der Kategorie Allgemein